Schlagwort: Debatte

Wer wird gleich die Machtfrage stellen?

Die Idee, dass sich Weblogs „regelfrei“ entwickeln würden, sofern nur keine formulierten Leitideen bestünden, ist mindestens verwegen. Die Blogszene insgesamt ist (selbstverständlich) hochgradig geprägt durch Regelsysteme und ist weitgehend ritualisiert. Wer es in welche Blogroll nicht schafft, wer wo nicht zitiert wird usw.: Solches werden die wenigsten Insider gewillt sein, als Zufall zu begreifen. Gerade die Neueinsteiger wissen (oder spüren), welche Selektoren wirken. In der Kommunikationswissenschaft wird von prozeduralen Regeln gesprochen, welche den Ablauf einer Kommunikationsepisode – hier in einem Blog – bestimmen (rahmen). Forschungsarbeiten dazu liegen vor, z. B. vom Bamberger Soziologen und Blogger Jan Schmidt (Studientext, PDF, z. B. ab Seite 15).

Damit nun ist nicht ausgesagt (und schon gar nicht bewiesen), dass es sich lohnt, Leitideen für das Bloggen zu formulieren, wie es zurzeit elf Blogs und zwölf Personen aus der Schweizer Blogszene versuchen.

Aber vielleicht lohnt es sich, die polemisierende Frage zu stellen, in welchem Interesse nun das Formulieren von Leitideen nicht sei. Weiterlesen

„Alle Blogger sind Exhibitionisten“

Wie man sein Blogs in die vorderen Plätze der Statistiken treibt? Nicht ganz (aber doch irgendwie) ernst gemeinte Tipps aus einem Schweizer Blogclan:

Erstens: Klar, eine gute Konzeptidee verspricht einiges. Das Bildblog könnte als Beispiel dafür dienen. Schon der Bezugspunkt des Blogs, die Bild-Zeitung, ist auf die Masse hin angelegt. Und Stoff bietet das Original genug…

Zweitens: Angriffigkeit wird belohnt. Vor allem ein Angriff auf die Selbstverständnisse des Bloggens (des Bloggers) kann Frequenz bringen. Es bilden sich sofort Fraktionen, die gegenseitig auf sich aufmerksam machen, sich abgrenzen oder zuwinken. Ich denke dabei an einen Artikel wie: Stoppt die Blog-Exhibitionisten!. Angriffigkeit ist auch gekoppelt an die Möglichkeit, mit prägnanten Schlagzeilen aufzutreten. „Alle Blogger sind Exhibitionisten“, wäre ein solches Beispiel.

Drittens: Themen, die Medienschaffende oder Medien-Hobbyisten interessieren, finden die beste Resonanz. Jedenfalls kann man wissenschaftliche Inhaltsanalysen auf diese Weise deuten. (Die Wissenschaflter unter uns mögen mir die unzulässige Vereinfachung verzeihen.)

Viertens:
Wenn es hie und da einen Verweis auf eine Webseite gibt, bei der etwas downloadbar ist, schadet das nie.

Fünftens: Wer Präsenz in anderen Blogs markiert, z. B. durch regelmässiges Kommentieren, wird stärker wahrgenommen. Zudem entsteht eine Art unausgesprochene Gegenseitigkeitsverpflichtung. Dies gilt auch für Blogroll-Einträge. Es lohnt sich, in dieser Hinsicht grosszügig zu sein.

Sechstens: Schau, dass du in einem „klassischen Medium“ hie und da genannt wirst. Eine Nennung im Spiegel , in der Neuen Züricher Zeitung oder im österreichischen Standard ist besonders hilfreich, wenn auch schwierig zu erreichen.

Siebtens: Ganz grundsätzlich lohnt es sich, dem Blog ein unverkennbares thematisches Profil zu geben. Die User müssen wissen, was sie erwartet, wenn sie das Blog besuchen. Sie kommen dann öfters. Der Anteil der User, die etwas Konkretes suchen, ist bedeutend grösser als der Anteil der „Zufalls-Surfer“.

Achtens: Die Idee, die (aktive) Teilnahme an Konferenzen, Kongressen, Tagungen usw. würde die Frequenz verbessern, wird sich nicht als realistisch erweisen. Der Erfolg hängt vor allem von Massnahmen der Webpromotion ab. Mit Face-to-Face ist da nichts zu machen.

Neuntens: So wie man sich zu Beginn nicht erklären kann, weshalb das Blog so wenig Beachtung findet, so kann man sich mit der Zeit nicht mehr erklären, weshalb das Blog so viel Beachtung findet. Rechne mit diesem Kippphänomen: Erfolg steigert die Chance des weiteren Erfolgs…

Man kann dies alles – aus guten Gründen übrigens – unberücksichtigt lassen – und das Bloggen schlicht und einfach als spassige Freizeitbeschäftigung sehen. Das ist vermutlich die beste Empfehlung für viele Blogger: Blogspass bleibt hier als Stichwort. Nichts als Blogspass.