Medienpraxis.ch

Die Zeitungen und das Internet

Die Sonntagspresse widmet sich heute Themen, die hier von besonderem Interesse sind. Speziell zu erwähnen ist der Artikel von Michael Soukup in der Sonntagszeitung (Multimedia, Seite 81/82). Soukup verweist auf Studien des St. Galler Instituts für Medien und Kommunikationsmanagement und ebenso auf eine bekannte WEMF-Studie. Hauptthema des Artikels: Die Zeitungskrise, die vor allem in Deutschland dramatische Dimensionen angenommen hat. Zum Beispiel: In diesem Jahr sollen gemäss Studie der St. Galler Studie 75 Prozent der Stelleninserate an Internet-Jobbörsen gehen. Roger Blum, Medienwissenschaftler an der Berner Universität und Kenner der Szene, ist der Meinung, dass

„es immer schwieriger [wird], via Zeitung ein Massenpublikum zu erreichen“ (Sonntagszeitung). Gemäss Blum wird es darum gehen, mit Qualitätszeitungen eine „breite Elite“ anzusprechen. (Nachfrage: Inwiefern schliessen sich „breit“ und „Elite“ aus?)

Hier interessiert jedoch ein anderer Aspekt besonders: Wie werden junge Leser erreicht (Leser unter 34 Jahren). Dazu gibt die zitierte WEMF-Studie Antworten. Nur rund 33 Prozent der Zeitungskonsumenten sind in der Schweiz jünger als 34. Aber 55 Prozent der Leser der Webausgabe von 20min.ch sind unter 34. Auch die Berner Zeitung, der Blick und die NZZ bringen es bei ihren Internet-Ausgaben immer gemäss dieser in der Sonntagszeitung zitierten Studie auf einen hohen Anteil junger Leser. Über 40 Prozent sind hier jünger als 34.

Unsere Schlussfolgerungen: Die Schweiz erfreut sich nach wie vor einer enormen Zeitungsdichte, einzelne weltweite Trends sind bei uns nicht vollumfänglich „durchgebrochen“. Doch es spricht auch bei der Einschätzung des Zeitungsmarktes nichts für eine Insel-Option der Schweiz. Die Online-Auftritte der Schweizer Zeitungen vermögen in einigen Fällen ein jüngeres Publikum anzusprechen als die Printausgaben, dies trifft auffälligerweise für den Tages-Anzeiger nicht zu. Ich vermute, dass Angebote mit Community-Charakter die besseren Chancen haben, neue und jüngere Zielgruppen zu binden als blosse News-Reader-Konzepte. Unter diesem Aspekt vermisse ich innovative Konzepte bei Internet-Auftritten von Schweizer Zeitungen. Bei de NZZ fällt im Weiteren auf, dass RSS-Formate nicht zur Verfügung gestellt werden. Unklar ist (mir), welche strategischen Überlegungen einen solchen Entscheid begründen, abseites von der offiziellen Antwort, die durchaus bekannt ist.

7 Kommentare

  1. Hallo

    Gerade Lokalzeitungen schaffen es, eigentliche Communities zu bilden. Dort finden Lesernachmittage, Leserreisen statt und es gibt die Leserrubriken usw.

  2. Wichtig ist, bei „Community“ nicht gleich an die üblichen Modelle zu denken. „Communities“ entstehen auch über eine aktive Bewirtschaftung von Leserbriefbereichen etc. „Community“ ist sollte weiter gefasst sein, nicht nur internetbezogen.

  3. Lieber Roger; Ja, das sehe ich auch so. Darin liegt ein Teil des Problems begründet. (Es ist ja auch bemerkenswert, wie rund um Zeitungsportale Community-Ideen doch eine Rolle spielen, siehe http://nzz.parship.ch/ …) – Wenn ich das richtig gelesen habe, sagt die Studie im Weiteren nur aus, dass der Anteil jüngerer Leser bei 20min.ch grösser ist als beim Tages-Anzeiger, immer bezogen auf die Websites. Damit ist selbstverständlich in keiner Weise eine qualitative Aussage verbunden. Abgesehen davon, gehören beide Produkte zur selben Mediengruppe.

  4. Da war ich etwas schnell mit meinem Kommentar. Ich ging davon aus, dass meine Codeeingabe nicht funktionieren würde.

    Was ich eigentlich sagen wollte: 20min hat, trotz Web-Community, tiefere Online-Zahlen als der Tagi und das ist ja doch eigentlich erstaunlich. Auf der anderen Seite ist 20min stark im mobilen Bereich, dieser Bereich ist beim Tagi noch relativ unausgeschöpft.

    Ausserdem, ein Community-Dienst aufzubauen, ist für eine bestehendes Medium immer viel schwieriger, als für Communities, die bei O beginnen wie z.B. tillate und eben auch 20min.

  5. Hier anzufügen wäre noch, dass die Online-Ausgabe des Tages-Anzeigers die höheren Besuchsstatistiken hat, als 20min.

  6. Besser wäre der Titel „Die Zeitungen und ihr Internet-Auftritt“. Diesbezüglich gibt es in der Schweiz wirklich keinen Silberstreifen am Horizont. Neue Ideen? Neue Konzpete? Mehr Community?