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Mehr „handwerkliche Qualität“ für die Blogwelt?

Robert Stark, Geschäftsführer der Stark Content GmbH, bloggt seit relativ kurzer Zeit im eigenen Weblog Stark Content. Aktuell gibt es von ihm einen Beitrag zur „handwerklichen Qualität“ von Blogs. Stark stellt dem „Modell“ Spontan-Bloggen einige Risiken gegenüber. Das Problem bei seiner Argumentation ist meines Erachtens nur: „Weblog“ ist eine Bezeichnung für sehr unterschiedliche „Web-Auftritte“, obwohl man durchaus von einem „Weblog-Format“ sprechen kann. Und die Anforderungen (z. B. an Authentizität, Text-Kontext-Verhältnis, Rechtschreibung usw.) variieren stark – sagen wir mal – zwischen einem Teenager-Tagebuch und einem Corporate Blog. Der Quellennachweis wiederum spielt in wissenschaftlichen Blogs eine entscheidende, in einem Stadtklatsch-Blog kaum eine Rolle usw. Jedes Weblog begründet eine eigene Anspruchswelt. Weitgehend jedenfalls.

13 Kommentare

  1. @Christian
    Die Quelle ist das Gratis-eBook von Seth Godin „Who’s there?“, Seite 14ff.
    Link zum Download findet sich im Blog von Seth Godin, Eintrag vom 6. Sept.
    2005, URL
    http://sethgodin.typepad.com/seths_blog/2005/09/whos_there_the_.html,
    URL des eBook ist
    http://sethgodin.typepad.com/seths_blog/files/whos_there.pdf

  2. @Christian Schenkel

    „Der Begriff Öffentlichkeit ist ja zweideutig, nämlich als sozialer Ort und als Prinzip der Publizität.“

    Finde ich interessante Definition von Öffentlichkeit. Ausgehend von dieser Definition kann ich auch deine vorgängige Argumentation verstehen.

  3. @Robert
    Beziehst du dich auf eine offline oder onlie Quelle von Seth Godin; falls Letzteres, kannst du die mal posten.

    @Mike
    Ich gebe zu, dass die Randalierer z.T. in dem Sinne Öffentlichkeit herstellen, wie ich sie oben versucht habe zu definieren. Doch ohne die Vermittlungsleistung der (Neuen) Medien wäre das ein lokales Phänomen geblieben, das wahrscheinlich schon längst wieder abgeklungen wäre.
    Der Begriff Öffentlichkeit ist ja zweideutig, nämlich als sozialer Ort und als Prinzip der Publizität.

  4. @Robert Stark
    OK. Dann ist mir jetzt auch klar, was du meinst. Auf der Basis dieser Definition gebe ich dir gerne recht. Das ist tatsächlich der entscheidende Unterschied.

  5. @wette
    Einverstanden. Deshalb beziehe ich mich ausschliesslich auf die „viral blogs“. Definition von Seth Godin: “ (…) trying to share ideas and agendas (…) writing for strangers“. Diese „viral blogs“ haben also kein eingeschränktes Zielpublikum wie ein Partyblogs oder ein Quartierblog.

  6. @Christian
    Zum Beispiel die Jugendlichen in den Vororten von Paris stellen Öffentlichkeit her, in der Regel ohne publizistisch tätig zu sein.

  7. @Robert Stark
    Soweit so gut. Nur die Argumentation ist eine andere. Wenn ich das richtig sehe, stellt das niemand in Frage. Hier wird aber die Frage gestellt, inwieweit sich Qualitätsfragen für Blogs generalisieren lassen, was bei journalistischen Genres offenbar möglich ist. Der Rechtschreibefehler hat in einem Fachblog des Rechtsprofessors eine andere Bedeutung als im Partyblog der Schulklasse oder im Quartierblog.

  8. @Mike
    Bitte zähle mir noch auf, „was“ alles Öffentlichkeit herstellt, ohne publizistisch tätig zu sein.

    Wie gesagt, ich bin mir selbst noch unsicher über die genauen Zusammenhänge zwischen Privatheit und Öffentlichkeit in der Blogsphäre. Habe mir aber schon einige Gedanken gemacht (vgl. zum Begriff Öffentlichkeit mein Posting „Masturbieren in der Öffentlichkeit“ und ebenso „Internet und Öffentlichkeit“

  9. Blogs sind eine von vielen Formen des Publizierens – also des Publik-Machens. Natürlich sind Blogs (auch „viral blogs“, auf die ich mich ausschliesslich bezogen habe) eine persönliche Form des Publizierens, aber sie stellen Öffentlichkeit her, da die Blogs öffentlich zugänglich sind. Blogs werden auch zunehmend in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Eine minimale verbindliche Qualität ist meiner Meinung nach nötig für eine minimale Glaubwürdigkeit. Der Journalismus stellt doch diese Qualitätsregeln auch nicht zum Selbstzweck auf, sondern genau deshalb, um glaubwürdig zu sein. Ist ein schlecht geschriebenes Blog mit vielen Rechtschreibefehlern und zahlreichen toten Links glaubwürdig als Quelle für mein Fachgebiet oder als Anregung für eine Diskussion? Für mich nicht.

  10. Was bitte stellt ein Weblog her, wenn nicht Öffentlichkeit?

  11. Dies würde dann bedeuten, dass alles, was Oeffentlichkeit herstellt, Journalismus sei? Klar gibt es journalistische Blogs. Doch das ist ein Genre von Blogs und nicht mehr. Bei den wenigsten Blogs stehen journalistische Ansprüche im Vordergrund.

  12. Die entscheidende – und für mich im Moment auch noch unentschiedene – Frage ist, ob Weblogs auch so etwas wie Öffentlichkeit herstellen. Wenn ja? Dann sehe ich schon gewisse Gemeinsamkeiten zwischen der «klassischen» journalistischen Tätigkeit und dem publizieren von Postings im eigenen Weblog.

  13. Hatten wir alles schon. Es kann immer noch nicht darum gehen, journalistische Schreibregeln auf die Blogoshere zu übertragen. „Jedes Weblog begründet eine eigene Anspruchswelt“. Genau das ist die Pointe!

    Wer möglichst wenige Schreibfehler will und auf eine effektive publizistische Qualitätskontrolle bauen muss, ist definitiv mit der NZZ besser bedient. Blogs wollen, können, sollen nicht eine NZZ ersetzen. Lest all die Zeitungen weiter. Sie sind wichtig, nötig, interessant (oder auch nicht). Bei Weblogs geht es um etwas anderes. So, das war jetzt mein letzter Versuch, auf die typischen Journalisten-Beiträge zu antworten.