Schlagwort: Sozialinformatik

Sozialinformatik-Studium in der Ostschweiz

SozialinformatikerInnen sind gefragte Fachkräfte. Das zeigt die Erfahrung aus zwei Masterstudiengängen in der Ostschweiz. Dort, in St. Gallen, gibt es seit 5 Jahren den Lehrgang. Reto Eugster und Ueli Hagger leiten das berufsbegleitende Studium. Nun hat die FHS St. Gallen als Anbieterin die Weiterentwicklung beschlossen.

Das Masterstudium besteht aus drei Zertifikatslehrgängen, die auch einzeln absolviert werden können: Angewandte Informatik, Medienpädagogik und Organisation des Wissens (Wissensmanagement). Angesprochen sind Fachkräfte des psychosozialen Bereichs, die sich mit Fragen der Medienkompetenz (z. B. in der Jugendarbeit), des Wissensmanagements (z. B. bei Fachstellen) oder des Schnittstellenmanagementes Soziale Arbeit – Informatik beschäftigen.

„Es ist kaum eine soziale Einrichtung dankbar, in der sich nicht sozialinformatische Fragen stellen. Soziale Arbeit ist immer auch eine Art Informationsraffinerie“, davon ist Reto Eugster als Vertreter der Hochschule überzeugt.

Weitere Informationen: www.fhsg.ch.

(Artikel aus dem Sozialjournal. Herausgeber dieses Blogs und Anbieter des Lehrgangs sind identich.)

Was ist ein Weblog?

Von Reto Eugster

Für eine interne Weiterbildung habe ich mit relativ knappen Worten und notizartig das zusammengefasst, was schon andere auf den Punkt gebracht haben. Ein Weblog, was ist das? Entstanden ist eine weitere Lektion eins.

Kunstwort

Bei „Weblog“ handelt es sich um ein Kunstwort: „Web“ steht für World Wide Web und „Log“ für Logbuch. Heute gilt in Anlehnung an das Logbuch: das Weblog und nicht etwa der Weblog. Von „Weblog“ abgeleitet ist in einem zweiten Wortschöpfungsakt der Begriff „Blog“ entstanden. „Blog“ und „Weblog“ werden synonym verwendet.

Definition

Weblogs sind technisch gesehen einfache Content Management Systeme. Quasi-Standard ist heute die kostenlos erhältliche Software WordPress (Opensource). Wer kein eigenes Weblog-System installieren will, kann sich bei Weblog-Serviceanbietern wie twoday oder wordpress.com „einmieten“ und in wenigen Minuten ein eigenes Weblog aufstarten.

Publizistisch gesehen werden in Weblogs notizartige, verweisungsintensive (Links), kommentierbare Kurzbeiträge (Micro Content) veröffentlicht. Weblogs werden besonders oft aktualisiert, in der Regel täglich, was sich auf das Suchmaschinen-Ranking positiv auswirkt.

Social Web

Weblogs dynamisieren das Internet und die Weblog-Bewegung ist weltweit zu einem bedeutenden Faktor geworden. Millionen von Weblogs sind inzwischen aufgeschaltet. Nun sind die Internet-User nicht länger auf die Konsumentenrolle fixiert, sie können sich einbringen, sie werden zu Editoren und Autoren. Weblogs spielen im Rahmen des Social Webs, einer community-orientierten Internet-Nutzung, eine wichtige Rolle.

Themenoffen

Weblogs können sich

– spezifischen Fachthemen widmen
– aus Projekten berichten
– Club/Vereins-Informationen enthalten
– politische Partizipation erleichtern
– für die Stadtteilkultur eine Rolle spielen
– Kunden-Communities bilden
– das Marketing eines Unternehmens beleben
– tagebuchartige Beiträge vereinen
– die interne Projektorganisation erleichtern
– oder für die Wissensorganisation genutzt werden usw.

Nebst Texten spielen Audio-Dateien und Videos in der Weblog-Szene eine wichtige Rolle.

Typisch für Weblogs ist:

1. Die Kurzbeiträge werden temporal und kategorial (Rubriken) geordnet. Temporal bedeutet hier: Der neueste Beitrag ist zuerst zu sehen, der älteste als letzter gelistet. Damit ist die Navigationshierarchie bei Weblogs flach.

2. Weblogs enthalten community-bildende Funktionen. Alle Beiträge sind kommentierbar und es gibt die Funktion des Trackbacks. Trackback bedeutet: Neue Artikel können im Kommentarfeld eines bestehenden Artikels automatisch verzeichnet werden. Dadurch entsteht ein Netz von Verweisungen.

3. Auch die Ping-Funktion gehört in diese Rubrik. Neue Artikel werden mittels Ping an Verzeichnissysteme gemeldet und dort gelistet. Technorati ist der bekannteste Blog-Verzeichnisdienst.

4. RSS steht für Really Simple Syndication. Es handelt sich dabei um ein Austauschformat. RSS bedeutet: Es kann ein Abonnement erstellt werden, mit dem Ziel, regelmässig Titel und Abstract von neuen Beiträgen aus einem Blogs zugestellt zu erhalten. Browser wie z. B. Firefox erhalten eine RSS-Funktion. Kostenlos kann auch der Feedreader genutzt werden.

5. Blogs enthalten so genannte Blogrolls. Blogrolls sind Verweisungen auf andere Weblogs, die dem Blogger besonders „am Herzen“ liegen.

Weblog-Arten

Weblogs lassen sich nach Textart, Thema und Funktion unterscheiden:

Textart: Hier geht es um die Bestimmung der Textsorte. Beispielsweise können narrative Stile von wissenschaftlichen unterschieden werden. Auch bestimmte journalistische Genres können unter dieser Rubrik eine Rolle spielen.

Thematizität: Welche Themenformation wird mit einem Weblog bedient? Wie eng oder wie lose ist die Bindung an eine thematische Schwerpunktsetzung, an ein Themenprofil?

Funktion: Hier nun steht die Funktion des Weblogs im Vordergrund. Was will das Weblog (im engeren oder weiteren Sinn) bewirken: unterhalten, politisch mobilisieren, Partizipationschancen steigern usw.

Medienpädagogik startet definitiv in der Ostschweiz

Die FHS St. Gallen, Hochschule für Angewandte Wissenschaften, und die PHR, Pädagogische Hochschule Rorschach, bieten gemeinsam einen Lehrgang Medienpädagogik, mit Start in rund zwei Monaten, an. Soviel dürfte bekannt sein. Neu ist nun aber, dass der Lehrgang zustande gekommen ist. Wie die FHS St. Gallen, Studienleiterin Martina Baerlocher, gestern informierte, kann von einem „ausgebuchten Lehrgang“ gesprochen werden. Die Leitung haben Selina Ingold und Martin Hofmann inne.

Medientagung 2007 in Rorschach

mt072.jpgZum ersten Mal ging heute die Ostschweizer Medientagung über die Bühne. Sie fand in Rorschach, in der Ostschweiz, zum Thema Mehr Internet – mehr Partizipation? statt. 110 Interessierte nahmen daran teil. Veranstaltet wurde der Event von der FHS St. Gallen, der Pädagogischen Hochschule Rorschach und der Namics AG.

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Jürg Stuker, CEO Namics AG

Nach einer Einführung, die von den beiden mitveranstaltenden Schulen gestaltet wurde – von Selina Ingold, Reto Eugster und Martin Hofmann – ging es in drei Workshops um die Frage, inwiefern das Internet Chancen gesellschaftlicher Teilhabe verbessere. Dabei kamen auch technikinduzierte Ausschlussrisiken zur Sprache. Eröffnet wurde der Event von Sebastian Wörwag, dem Rektor der FHS St. Gallen: Mit einer Fantasie, wie künftig eine solche Veranstaltung ablaufen könnte – unterstützt von den Möglichkeiten des neuen „Mitmach-Internets“ – startete er in den Nachmittag. „Wer wird dann überhaupt noch anwesend sein wollen?“ Moderiert wurde die Tagung von Reto Eugster.

Es sei nicht die Technik, die das so genannte Social Web, das neue Internet, ausmache, sondern die sich verändernde soziale Konstallation. Das Internet würde mehr und mehr den alltäglichen Umgang der Menschen untereinander verändern. Darin waren sich die beiden Experten im Talk einig, Jürg Stuker von Namics und Jan Schmidt von der Universität Bamberg.

Martin Hofmann, Pädagogische Hochschule Rorschach, kam zum Schluss, dass sich die Frage der Partizipation insofern nicht mehr stelle, als das Internet bereits massenfähig geworden sei: „Es wird partzipiert, das sieht, wer die Mitglieder-Zahlen von YouTube oder Flickr studiert.“ Markus Glaser von Hallowelt wies darauf hin, dass Oeffentlichkeit herzustellen nicht zwingend bedeute, Einfluss auszuüben: „Lobbying wird gerade nicht in transparenten Öffentlichkeiten betrieben, Machtfragen werden nicht selten in Hinterzimmern und keineswegs öffentlich entschieden.“

Inwieweit durch die aktuelle Entwicklung hin zum „Mitmach-Internet“ neue Fragen gestellt oder alte Fragen verändert vorgebracht werden, musste schliesslich offen bleiben. Die Medienwissenschaftlerin Anja Ebersbach zeigte an einem Beispiel auf, dass User oft nicht in der Lage sind, die Folgen ihrer öffentlichen Selbstinszenierung abzuschätzen, etwa wenn sie einen persönlichen Erfahrungsbericht in einem Weblog absetzen.

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Anja Ebersbach, Medienwissenschaftlerin, und Mark Riklin, Soziologe

Bleibt das schillernde Stichwort Bürgerbeteiligung: Die Weblog-Bewegung führe nicht neue Zielgruppen in die Politik. Politikinteressierte hätten nun jedoch eine zusätzliche Möglichkeit, sich einzubringen, erläuterte Jan Schmidt.

Social Web: gleichzeitig überschätzt und unterschätzt. Das könnte ein mögliches Fazit der Veranstaltung sein.

Social Skills in Salzburg

In Salzburg findet am 23. und 24.4.2006 eine interdisziplinäre Fachtagung unter dem Titel Social Skills durch Social Software statt. Die tagungsstrukturierende Frage lautet: Erweitert die Verwendung neuer Internet-Technologien in Lehr-, Lern- und Wissensprozessen auch soziale Kompetenzen? Von aussen betrachtet, ist nicht klar, wie der Begriff der „sozialen Kompetenz“ im thematischen Kontext der Veranstaltung gefasst werden soll. Auf jeden Fall warten die Veranstalter mit interessanten Präsentationen und Workshops auf. Es geht um Fach-Weblogs, den Wiki-Einsatz beim (oder: zum?) kollaborativen „Wissensaufbau in einer Gemeinschaft“ oder um die E-Portfolio-Methode.

Sozialinformatik: drei Orientierungen

Mein Eintrag von heute in der Wikipedia, der freien Enzyklopädie, zum Thema Sozialinformatik passt in dieses Blog, auch wenn es nicht mehr „Weblog Sozialinformatik“ heisst:

Sozialinformatik ist ein Fachbereich der Sozialen Arbeit, der sich in den letzten fünf bis zehn Jahren herausgebildet hat. Mit dem Begriff der Sozialinformatik sind inzwischen drei unterschiedliche Orientierungen verbunden:

1. Unter diesem Label können die Informatisierungsbestrebungen der Sozialen Arbeit selbst gefasst werden. Es stellen sich dann Fragen nach den optimalen Informatik-Lösungen für die Soziale Arbeit. Insbesondere geht es darum, sozialarbeitsspezifische Prozesse informatisch abbildbar zu machen.

2. Sozialinformatik kann auch als Fachbereich verstanden werden, bei dem es darum geht, Informations- und Kommunikationstechnologien im Sinne einer verbesserten gesellschaftlichen Partizipation von Betroffenen nutzbar zu machen. Damit sollen ein Fortschreiten der „digitale Armut“ oder der „digitale Spaltung“ verhindert werden. Denn gesellschaftliche Teilnahmechancen sind an die Möglichkeiten gekoppelt, Informationstechnologien zu nutzen.

3. Und drittens kann Sozialinformatik das Ineinandergreifen von technologischen und sozialen Entwicklungen fokussieren. In diesem Zusammenhang wird teilweise auch von „Soziotechnik“ gesprochen. Zurzeit werden die sozialen Folgen von technologischen und die technologischen Folgen von sozialen Entwicklungen in der Sozialen Arbeit weitgehend ausgeklammert.

Literatur, z. B.: Jurgovsky, Manfred (2002): Was ist Sozialinformatik? In: Neue Praxis, H. 3, 32. Jg., S. 297-303

Technik und Denkart

Die grösste Schweizer Bank, die UBS, ist zurzeit daran, ihre informatische Plattform grundlegend neu zu gestalten. Gemäss Neuer Zürcher Zeitung (NZZ) dürfte es sich um eines der grössten Software-Entwicklung-Projekte handeln, die je in der Schweiz lanciert wurden. In der NZZ werden Projektverantwortliche interviewt (29.4.2005). Dabei macht Zoltan Majdik, einer der Verantwortlichen, eine bemerkenswerte Aussage:

Die grösste Herausforderung war nicht die Technik. Die grösste Herausforderung war, den Mitarbeitern eine neue Denkart zu vermitteln.

Die Frage ist in solchen Zusammenhängen – und nicht speziell bezogen auf das UBS-Projekt – wie das nötige Wissen in die Projekte kommt, um „Denkarten“ zu verändern. Arbeiten Fachleute der Sozialpsychologie, der Bildungswissenschaft oder Soziologie usw. mit? Was unumgänglich ist, ist Interdisziplinarität, die mehr ist, als eine Marketing-Aussage. Und genau an diesem Punkt beginnen die Probleme… Eine Antwort könnte lauten: Soziotechnik.

Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung