Zum ersten Mal ging heute die Ostschweizer Medientagung über die Bühne. Sie fand in Rorschach, in der Ostschweiz, zum Thema Mehr Internet – mehr Partizipation? statt. 110 Interessierte nahmen daran teil. Veranstaltet wurde der Event von der FHS St. Gallen, der Pädagogischen Hochschule Rorschach und der Namics AG.
Jürg Stuker, CEO Namics AG
Nach einer Einführung, die von den beiden mitveranstaltenden Schulen gestaltet wurde – von Selina Ingold, Reto Eugster und Martin Hofmann – ging es in drei Workshops um die Frage, inwiefern das Internet Chancen gesellschaftlicher Teilhabe verbessere. Dabei kamen auch technikinduzierte Ausschlussrisiken zur Sprache. Eröffnet wurde der Event von Sebastian Wörwag, dem Rektor der FHS St. Gallen: Mit einer Fantasie, wie künftig eine solche Veranstaltung ablaufen könnte – unterstützt von den Möglichkeiten des neuen „Mitmach-Internets“ – startete er in den Nachmittag. „Wer wird dann überhaupt noch anwesend sein wollen?“ Moderiert wurde die Tagung von Reto Eugster.
Es sei nicht die Technik, die das so genannte Social Web, das neue Internet, ausmache, sondern die sich verändernde soziale Konstallation. Das Internet würde mehr und mehr den alltäglichen Umgang der Menschen untereinander verändern. Darin waren sich die beiden Experten im Talk einig, Jürg Stuker von Namics und Jan Schmidt von der Universität Bamberg.
Martin Hofmann, Pädagogische Hochschule Rorschach, kam zum Schluss, dass sich die Frage der Partizipation insofern nicht mehr stelle, als das Internet bereits massenfähig geworden sei: „Es wird partzipiert, das sieht, wer die Mitglieder-Zahlen von YouTube oder Flickr studiert.“ Markus Glaser von Hallowelt wies darauf hin, dass Oeffentlichkeit herzustellen nicht zwingend bedeute, Einfluss auszuüben: „Lobbying wird gerade nicht in transparenten Öffentlichkeiten betrieben, Machtfragen werden nicht selten in Hinterzimmern und keineswegs öffentlich entschieden.“
Inwieweit durch die aktuelle Entwicklung hin zum „Mitmach-Internet“ neue Fragen gestellt oder alte Fragen verändert vorgebracht werden, musste schliesslich offen bleiben. Die Medienwissenschaftlerin Anja Ebersbach zeigte an einem Beispiel auf, dass User oft nicht in der Lage sind, die Folgen ihrer öffentlichen Selbstinszenierung abzuschätzen, etwa wenn sie einen persönlichen Erfahrungsbericht in einem Weblog absetzen.
Anja Ebersbach, Medienwissenschaftlerin, und Mark Riklin, Soziologe
Bleibt das schillernde Stichwort Bürgerbeteiligung: Die Weblog-Bewegung führe nicht neue Zielgruppen in die Politik. Politikinteressierte hätten nun jedoch eine zusätzliche Möglichkeit, sich einzubringen, erläuterte Jan Schmidt.
Social Web: gleichzeitig überschätzt und unterschätzt. Das könnte ein mögliches Fazit der Veranstaltung sein.