Eine kleine Polemik unter Freunden

„Ethos“, „Ethik“, „Moral“, „Verantwortung“ usw.: Das sind die Themen, welche die Community Sozialer Arbeit für die nächste Bodenseetagung offenbar favorisiert. Crowdsourcing hat zu diesem Themen-Ranking geführt, so vermute ich aufgrund einer Facebook-Meldung von Stefan.

Klar, denke ich mir, solche Themen schwimmen obenauf, sobald tagungsorientiert die Schwarmintelligenz Sozialer Arbeit angestossen wird. Denn diese Themen, besser: diese LABELS, versprechen als Tagungs- oder Kongressthema mindestens drei Vorteile:

Erstens: Sie schliessen an die GROSSEN ERZÄHLUNGEN an, und es muss niemand befürchten, dass an einer solchen Tagung jemand anders gemeint sein wird als DIE ANDEREN. Zudem fehlt GROSSEN ERZÄHLUNGEN der Mechanismus, sich selbst zu beschränken.

Zweitens: Angesichts der Mängelwelt, in der wir zu leben haben, öffnen solche Themen einen Horizont an Erwartungen, der jeden nächsten Schritt zwingenderweise in eine ferne Zukunft verlegt.

Zugegeben, diese beiden Punkte haben lediglich die Qualität stichwortartiger Einwürfe. Deshalb – drittens – mein gewichtigster Punkt ausformuliert:

Diese Labels verhindern, dass Soziale Arbeit mit ihren Risiken in das Blickfeld gerät (z.B. Literaturhinweis: Peter Schallbergers Studie). Auf diese Weise wird vermieden, dass beispielsweise darüber diskutiert werden muss, wie GENAU die Bedürfnisse, Interessen und Meinungen von Klientinnen und Klienten in den Berichten, Akten und Gutachten Sozialen Arbeit repräsentiert sind. Es geht nicht KONKRET um den Alltag der KLEINEN ERZÄHLUNGEN, nicht um Schattentexte einer Hilfe, die als solche oft nicht erlebt wird, nicht um Routinen der Sozialdisziplinierung oder aktuelle Prozesse der Deprofessionalisierung.

Vorschlag für einen mutigen Schritt: Wählt ein Tagungsthema, dass der Community nicht genehm ist: wählt ein unanständig konkretes Thema. Stösst konstruktiv eine wichtige Diskussion an, zu einem Thema, das zurzeit nur auf einer abgedunkelten Seite der Agenda zu entziffern ist.

Und wenn ihr es nicht so macht, wie ich es hier empfehle, komme ich trotzdem an die Tagung, um engagiert und konstruktiv mitzudiskutieren.

(Diskussion Facebook-Fachgruppe IFSA)