Medientagung 2007 in Rorschach

mt072.jpgZum ersten Mal ging heute die Ostschweizer Medientagung über die Bühne. Sie fand in Rorschach, in der Ostschweiz, zum Thema Mehr Internet – mehr Partizipation? statt. 110 Interessierte nahmen daran teil. Veranstaltet wurde der Event von der FHS St. Gallen, der Pädagogischen Hochschule Rorschach und der Namics AG.

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Jürg Stuker, CEO Namics AG

Nach einer Einführung, die von den beiden mitveranstaltenden Schulen gestaltet wurde – von Selina Ingold, Reto Eugster und Martin Hofmann – ging es in drei Workshops um die Frage, inwiefern das Internet Chancen gesellschaftlicher Teilhabe verbessere. Dabei kamen auch technikinduzierte Ausschlussrisiken zur Sprache. Eröffnet wurde der Event von Sebastian Wörwag, dem Rektor der FHS St. Gallen: Mit einer Fantasie, wie künftig eine solche Veranstaltung ablaufen könnte – unterstützt von den Möglichkeiten des neuen „Mitmach-Internets“ – startete er in den Nachmittag. „Wer wird dann überhaupt noch anwesend sein wollen?“ Moderiert wurde die Tagung von Reto Eugster.

Es sei nicht die Technik, die das so genannte Social Web, das neue Internet, ausmache, sondern die sich verändernde soziale Konstallation. Das Internet würde mehr und mehr den alltäglichen Umgang der Menschen untereinander verändern. Darin waren sich die beiden Experten im Talk einig, Jürg Stuker von Namics und Jan Schmidt von der Universität Bamberg.

Martin Hofmann, Pädagogische Hochschule Rorschach, kam zum Schluss, dass sich die Frage der Partizipation insofern nicht mehr stelle, als das Internet bereits massenfähig geworden sei: „Es wird partzipiert, das sieht, wer die Mitglieder-Zahlen von YouTube oder Flickr studiert.“ Markus Glaser von Hallowelt wies darauf hin, dass Oeffentlichkeit herzustellen nicht zwingend bedeute, Einfluss auszuüben: „Lobbying wird gerade nicht in transparenten Öffentlichkeiten betrieben, Machtfragen werden nicht selten in Hinterzimmern und keineswegs öffentlich entschieden.“

Inwieweit durch die aktuelle Entwicklung hin zum „Mitmach-Internet“ neue Fragen gestellt oder alte Fragen verändert vorgebracht werden, musste schliesslich offen bleiben. Die Medienwissenschaftlerin Anja Ebersbach zeigte an einem Beispiel auf, dass User oft nicht in der Lage sind, die Folgen ihrer öffentlichen Selbstinszenierung abzuschätzen, etwa wenn sie einen persönlichen Erfahrungsbericht in einem Weblog absetzen.

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Anja Ebersbach, Medienwissenschaftlerin, und Mark Riklin, Soziologe

Bleibt das schillernde Stichwort Bürgerbeteiligung: Die Weblog-Bewegung führe nicht neue Zielgruppen in die Politik. Politikinteressierte hätten nun jedoch eine zusätzliche Möglichkeit, sich einzubringen, erläuterte Jan Schmidt.

Social Web: gleichzeitig überschätzt und unterschätzt. Das könnte ein mögliches Fazit der Veranstaltung sein.

7 Kommentare

  1. ster

    2.6.2007 um 09:40 Uhr

    @Alex

    Ja, das ist unvorstellbar :-)

  2. Alex

    31.5.2007 um 22:08 Uhr

    Dass es Leute gibt, die Namcis nicht kennen, ist für euch unvorstellbar :-) Habe mich dann aber in der Pause als Banause geoutet und meinen Nachbarn gefragt. Er wusste es auch nicht.

  3. Der Optimist meint:
    Alles wird besser, nicht nur die Medienpraxis!

    Weshalb führen Bilder zu einer Boulevardisierung?
    Ist ein Bild schlechter, weniger seriös als ein Text?
    Tom, vielleicht solltest du mal die Bildpädagogik des Schweizer Medienpädagogen Christian Doelker studieren :-)

  4. ster

    31.5.2007 um 22:06 Uhr

    @MG

    Danke für die Rückmeldung. „Zu viel vorausgesetzt“: Ja, im Nachhinein denke ich, ich hätte die Akteure eingehender vorstellen sollen. „Insiderhaft“: Es sollte ursprünglich ein kleineres Treffen von Webaktivisten werden… Dann sind die Erwartungen nach und nach angewachsen :-)

    Das die Bilanz positiv ausfällt für dich, freut mich.

  5. Dass verstärkt eine Ostschweizszene für das neue Web entsteht finde ich sehr begrüssenswert. Die Tagung hat Gelegenheit gegeben, andere Leute kennenzulernen. Sie hat mir auch viele neue Impulse gebracht.

    Sie war jedoch zu kurz so dass eine Vertiefung zu kurz kam. Das Gespräch in der grossen Runde war gehaltvoll was für solche Tagungen unüblich ist. Aber es wurde auch viel Fachwissen vorausgesetzt. Dass alle sich schon irgendwie kannten und per du waren, hat die insiderhaftigkeit erahnen lassen. Das ist keine Kritik nur einfach ein Gedanke.

    Meine Bilanz ist positiv. Danke!

  6. Alles wird schlechter, sogar die Medienpraxis.

  7. tom

    31.5.2007 um 21:20 Uhr

    Soviele Bilder gab es in der ganzen Medienpraxis-Geschichte noch nicht. Was ist denn mit euch los? Boulevardisierung des Seriösblogs?