Nichtrepräsentatives Suchtgerede

Wenn es um Wissenschaft geht und von Schätzwerten die Rede ist, ergeben sich oft mehr Fragen als Antworten. Jeder zehnte Internet-Nutzer sei, so schätzten die Experten, suchtgefährdet. BR-Online problematisiert vollmundig. Doch man sollte diesen Artikel genau und langsam lesen.

O-Ton: „Die Studien sind nicht repräsentativ. Grund zur Sorge geben sie nach Einschätzung der Suchtexpertin trotzdem.“ Das ist die Argumentationsmechanik, die solchen Artikeln zugrunde liegt. Sorgen kann man sich natürlich immer. Und mit einer durchschnittlichen Sommerlochsorge liegt man nie ganz falsch, vor allem dann nicht, wenn die Sorgen anderer zum eigenen Kerngeschäft gehören. Wenn, wie ich meine, eine solch magere und vage Informationsbasis zur Produktion von Sorgen geschaffen wird, soll man auf quasi-wissenschaftliche Argumente verzichten.

Unbeantwortet bleiben die Fragen, die man sich in solchen Zusammenhängen immer stellen sollte: Ist die begriffliche Ausgangslage geklärt? („Sucht“, „Moderne Sucht“, „Abhängigkeit“ usw.) Wer hat hier mit welchen Mitteln und Methoden welche Erkenntnisse generiert – und wo lässt sich die Quelle finden? Das sind Fragen, die sich nicht nur dem Wissenschaftler stellen. Sich ihnen zu nähern, gehört zum journalistischen Handwerk.

1 Kommentar

  1. Alles ist Sucht! Wenn alles Sucht ist, ist wieder nichts Sucht.