Medienpraxis.ch

Mediendemokratisierung?

Unter Informatik und Medien äussert sich die Neue Zürcher Zeitung heute zu „Mediendemokratie“ und Weblogs.

„Die frohen Vorkämpfer von Mediendemokratie feiern die politischen Weblogs als Beitrag zur Befreiung der Bürger von der Bevormundung durch Journalisten. Ihr Glaube an die Realisierbarkeit einer egalitären Öffentlichkeit bleibt eine Illusion. Denn je mehr Akteure im Internet zu einer angeblich transparenten Politik und Gesellschaft beitragen wollen, umso unübersichtlicher und intransparenter wird letztlich die Kommunikation. Ohne publizistische Leithammel kann keine Gesellschaft funktionieren.“ (ras. NZZ, 15.9.2006)

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, die Weblog-Bewegung derart eng mit dem Begriff der Mediendemokratie und den Ansprüchen nach Mediendemokratisierung in Zusammenhang zu bringen. Die Blog-Bewegung selbst beschreibt sich anders, mindestens hierzulande, wie Studienergebnisse zeigen. Und die Ansprüche sind in aller Regel auch „bescheidener“. Allerdings haben auch Weblogs, die sich nicht speziell auf politische Inhalte im engeren Sinne kaprizieren, politische Wirkung. Die verstärkt symmetrische Nutzung des Internets wird sich auswirken, z. B. auf die Selbstverständnisse der Medien, auf das Inseratvolumen (also die wirtschaftliche Basis der Zeitungen) und die Zahl der Zeitungsleser. Die Formulierung zu den „publizistischen Leithammeln“ bin ich bereit, als publizistischen Ausrutscher zu werten.

4 Kommentare

  1. Urban

    16.9.2006 um 23:08

    Ich habe noch nie einen Menschen kennengelernt, der Weblogs politisch ernst nimmt, höchstens vielleicht sein eigenes.

  2. Aber es gibt eben doch den politischen Blog und die Idee, mit Blogs ein alternatives Medium gefunden zu haben, um Politik zu beeinflussen und Politik zu machen. Auch wenn es in der Schweiz nur 5 oder 10 oder 15 Prozent der Blogs sind die dies beanspruchen. Sie sollten nicht unterschätzt werden.

  3. Die Blogospheren Europa – USA sind nicht zu vergleichen. Von daher geht der Artikel von einer nicht geklärten Differenz aus und generalisiert dann unzulässig. Schade, ist es doch immerhin die renommierte NZZ.

  4. Schade! Die Zitate und Beispiele aus den USA sind gut recherchiert und sicher nicht falsch. Aber mit Ausnahme von zwei (mehr oder weniger, eher weniger) nüchternen Zahlen zur geschätzten Menge der Weblogs und drei namentlich erwähnten deutschen Weblogs hat die ganze Seite NZZ überhaupt nichts mit der europäischen Blogosphäre zu tun. Der Artikel müsste richtigerweise heissen: „Eine kritische Bestandsaufnahme des Internet-Phänomens Weblog in den USA“.

    Als Schweizer NZZ-Leser würde es mich aber (neben der von Dir aufgeworfenen Frage und einigen anderen noch dazu) schon interessieren, ob, wie und warum in der Schweiz…?!?